Brexit means Brexit?
11 Jan. 2017 | von Anne-Kathrin Stolz
Ein Statement von Apteco-Gründer, James Alty über den Brexit
Apteco, ein britisches Unternehmen in Europa nach dem UK Exit
das Statement ist erschienen in der ONEtoONE 01/17
Ich hatte das Glück, als Kind, viel durch Europa reisen zu dürfen und durch den Arbeitswechsel meines Vaters lebten wir ein Jahr in Vermont, in den USA. Als ich mein erstes Jobangebot bekam, musste ich nicht lange darüber nachdenken, ob ich in den Niederlanden arbeiten wollte. Mein Großvater sagte immer, dass das Arbeiten im Ausland den Geist erweitert. Und so ging ich.
An meinem ersten Tag in den Niederlanden traf ich Rob Downs, späterer Mitgründer von Apteco und ebenfalls Engländer. Damals, Mitte der 80er, hätte für uns der Kontrast nicht größer sein können: Im Eiltempo überquerten wir die Ländergrenzen, zum Beispiel nach Deutschland, einfach über die Autobahn. Ganz im Gegenteil zur Übersee-Reise von England aus. Meine Erinnerung daran, ein realer Teil eines integrierten Europas zu sein, ist immer noch sehr präsent.
Es war wahrscheinlich genau diese Vorgeschichte, die Rob Downs und mir den Weg ebnete, die Geschäfte von Apteco in UK strategisch nach Übersee auszuweiten. Nachdem wir die unterschiedlichen Marktpotenziale untersucht hatten, entschieden wir uns 2007 für die DACH-Region. Im Juni 2012 folgte eine eigene Niederlassung in Frankfurt am Main, mit Martin Clark als Geschäftsführer.
In 2014, als David Cameron das Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands hielt, fuhr ich gerade mit meinem Ein-Gang-Rad von einem Ende Großbritanniens zum anderen und durchquerte dabei drei Länder. Bereits zu diesem Zeitpunkt war ich mir sicher, dass wir gemeinsam besser sind. Großbritanniens wirtschaftlicher Erfolg würde sicher im internationalen Wettbewerb nicht standhalten können, wenn das einzige, was uns noch verband, die gemeinsame Landmasse war.
Als David Cameron dann das EU-Referendum aufrief, fragte ich mich bereits zu Beginn der Kampagne, was ich dazu beitragen kann, damit wir bleiben?! Es gab keine Gruppen von Freiwilligen, keine Fundraising-Aktionen oder Diskussionsforen. Im Grunde diskutierte jeder - ob Familien, Kollegen, soziale Gruppen oder Sportvereine – auf lokaler Ebene, während die nationale Debatte durch tagtägliche Täuschungsversuche beider Seiten ausgetragen wurde. Die Wähler glaubten mittlerweile weder den fantastischen Aussagen der einen Seite, noch den unheilbringenden Prophezeiungen der anderen. Es schien, als wäre die Bewegungsfreiheit für Angestellte über Ländergrenzen hinweg, vollkommen von der Fremdenfeindlichkeit überschattet. Zu spät kam uns die Bedeutung der EU für unsere Wirtschaft in den Sinn.
Und so passierte es: Am 23. Juni 2016, am späten Abend, stand das Ergebnis fest, UK hatte per Referendum entschieden, die EU zu verlassen. Das britische Pfund fiel, einige Kosten in UK stiegen und werden wahrscheinlich noch weiter steigen. Aber als ich am Morgen des 24. Juni mit Martin Clark in Frankfurt telefonierte, waren wir uns einig: Für Apteco gab es keinen Brexit. Wir wollten das Wachstum und den Erfolg der letzten knapp 5 Jahre im deutschsprachigen Raum weiter ausbauen. Zum Glück war unsere Investitionsphase bereits beendet, sodass wir nicht direkt vom Fall des Pfundes im Vergleich zum Euro betroffen waren. Durch unsere finanzielle Stärke konnten wir unseren Mitarbeitern in Warwick (UK) und in Frankfurt am Main die anfängliche Angst nehmen, dass dieser Wahlausgang Einfluss auf den Fortlauf einer dauerhaften Beschäftigung nehmen könnte. Solange wir das Wesentliche, nämlich Kundenbindung und großartige Technologie nicht aus den Augen verlieren, werden wir unsere Apteco-Erfolgsgeschichte in Europa fortschreiben. Der Deutsche Markt spielt für uns mittlerweile eine sehr wichtige Rolle. Nicht ohne Grund hat bei unserer diesjährigen FastStats User Group Konferenz, mit mehr als 350 Teilnehmern, im November, ein Deutscher Kunde den ersten Platz bei unserer Best Use of FastStats Award-Verleihung gemacht.
Ich denke, es ist ein Jammer, dass wir zugelassen haben, dass unsere Sorge um zu viele Einwanderer dazu geführt hat, dass wir unsere Position, die Umwelt, den Handel, die Energie und die Sicherheit der EU mitzugestalten, aufgegeben haben. Eine unserer größten Herausforderungen ist es, gut ausgebildete Techniker für Apteco in Warwick zu finden. Wir profitieren davon, gute Entwickler und Software-Designer aus ganz Europa einstellen zu können. Unglücklicherweise, haben wir unseren Freunden in Europa egoistisch den Rücken gekehrt, in einer Zeit, in der, durch das Internet-Zeitalter ohnehin schon die gewohnte Ordnung langsam ins Wanken gerät. Eigentlich müsste die Welt nach neuen Wegen zur Verteilung von Wohlstand und Ressourcen Ausschau halten. Aber statt vorwärts zu blicken, sind die Augen in UK nach innen gerichtet. Ich hoffe, dass wir es in den kommenden Jahren schaffen, neue Wege einzuschlagen, die dazu beitragen, Handel und Regulationen wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
In Großbritannien wurde selten ein Referendum abgehalten, aber unsere Erwartung von Demokratie und „Fair Play“ ist es eben auch, das Ergebnis – egal wie es ausfällt - zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. In 2017 wird der Austritt von Großbritannien aus der EU wohl weiter voranschreiten. Die Loslösung bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass wir eine isolierte Irrelevanz im Nordwesten Europas werden: „We always see the bright side of life“, und so eben auch nach dem Brexit.
„Wir sehen die Apteco GmbH mittlerweile als ein deutsches Unternehmen: Wir haben ein starkes Netzwerk an renommierten Partnern aufgebaut, wir haben namhafte deutsche Kunden und wir beschäftigen in unserem Büro in Frankfurt ein deutsches Team. Das Feedback vom Markt und den Erfolg, den wir mittlerweile genießen dürfen, ist das Ergebnis einer großartigen Software, hervorragender und enger Zusammenarbeit mit Partnern und Kunden und dem Enthusiasmus und Engagement des lokalen Teams, gepaart mit der Unterstützung aus England.“
Statement von Martin Clark, Geschäftsführer Apteco GmbH in Frankfurt am Main