Von der Tribüne zur Marke: Strategien für nachhaltige Fanbindung im Profifußball
02 Okt. 2024 | von Anne-Kathrin Stolz
Die Unterstützung der Fans, in Form von Fangesängen und Anfeuerungsrufen im Stadion, hat schon so manches Spiel gedreht, da sie sich auf die Psychologie der Spieler auswirken kann. Fans sind demnach ein entscheidender Faktor im sportlichen Erfolg eines Fußballclubs und sollten entsprechend behandelt werden. Doch nicht jeder Fan ist gleich, sie haben unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen und befinden sich in verschiedenen Lebenslagen. Ein Fußballclub sollte in der Lage sein, diese Unterschiede in der Kommunikation mit den Fans zu berücksichtigen, um positive Fan Experiences zu schaffen und die Fans langfristig zu binden. Wie das aussehen kann, erläutern wir in diesem Beitrag.
Wie sieht eine gute und langfristige Fanbindung aus?
Wie in anderen Branchen auch, können Fanbeziehungen und deren Bindung zum Verein durch positive Erlebnisse und Emotionen gestärkt werden. Diese sind nicht nur auf Stadionbesuche begrenzt, sondern finden sich auch in der Kommunikation und Ansprache der Fans und das sowohl online als auch offline. Das Marketing eines Fußballclubs spielt also eine entscheidende Rolle, wenn es um die langfristige Fanbindung geht. Um aber eine relevante und passgenaue Ansprache für die einzelnen Fans zu entwickeln, müssen Vereine in der Lage sein vorhandene Fandaten zusammenzubringen und zu analysieren, und das fortlaufend.
Strategieentwicklung für nachhaltige digitale Fanbindung - So geht's
Die Fans und ihre Bedürfnisse verstehen - Datenanalyse als Grundlage für erfolgreiche Fanbindung
Um das Verhalten von Fans zu verstehen und gegebenenfalls vorhersagen zu können, ist es entscheidend, wie gut Fußballclubs die Fandaten aus den unterschiedlichsten Quellen, wie beispielsweise dem CRM-System, dem Ticketshop oder dem Onlineshop zusammenbringen und analysieren können. Aus dieser Analyse lassen sich Fan Journeys und Verhaltensmuster ableiten, die bei der Segmentierung von verschiedenen Fangruppen helfen können. In die Fan Segmentierung können außerdem demografische, geografische, psychografische und verhaltensbasierte Kriterien mit einfließen.
Abwanderungsrisiko erkennen
Nicht jeder Fußballclub kann sich darauf verlassen, dass die Dauerkarten jedes Jahr gänzlich ausverkauft sind und das Stadion immer voll ist. Umso wichtiger ist es, dass Vereine abwanderungsgefährdete Dauerkartenbesitzer frühzeitig erkennen und der Abwanderung entgegen wirken können. Auch hier kann die Datenanalyse Abhilfe schaffen, indem Daten und Verhaltensmuster von bereits verlorenen Dauerkartenbesitzern analysiert und auf die aktuellen Dauerkartenbesitzer angewendet werden, um Ähnlichkeiten und Warnsignale identifizieren zu können.
Individuelle Strategien entwickeln
Ebenso wie für abwanderungsgefährdete Dauerkartenbesitzer können durch die Datenanalyse weitere Fan Segmente, wie beispielsweise Mitglieder, Familien oder „Eventees“, gebildet werden. Für diese einzelnen Zielgruppen können dann im nächsten Schritt entsprechende Fan Journeys abgeleitet werden. Hierbei lohnt es sich individuelle Kommunikations- und Kampagnen-Strategien zu entwickeln, die Verhaltensmuster, Interessen, Kanalpräferenzen sowie Kommunikationsfrequenz und -zeitpunkte berücksichtigen. Wichtig dabei ist es, keine statischen Segmente zu verwenden, da Transaktionen und Reaktionen hinzukommen, die mit jeder neuen Kampagne oder Kommunikation berücksichtigt werden sollten. Außerdem können Fans innerhalb der Segmente wandern, nämlich dann, wenn sich aus einem „Enventee“ ein Dauerkartenbesitzer entwickelt oder aus einem Single eine Familie wird.
Gezielte und personalisierte Marketing- und E-Mail-Kampagnen aussteuern
Ist die Segmentierung einmal entwickelt, geht es im nächsten Schritt darum passgenaue und personalisierte Kampagnen zu erstellen und auszusteuern. Neben den gezielten Inhalten für die richtige Person, spielt auch der richtige Versandzeitpunkt und der passende Kanal eine wichtige Rolle. Ein gutes Beispiel ist eine E-Mail-Kampagne zur Verkaufsförderung des neuen Trikots. Im ersten Schritt müssen erst einmal diejenigen Fans ausgeschlossen werden, die das neue Trikot bereits gekauft haben. Im Anschluss könnten Sie unterschiedliche Angebotsvarianten erstellen, beispielsweise Kombiangebote von mehreren Trikots für Familien oder ein Rabattcoupon für Mitglieder oder Dauerkartenbesitzer. Fans, die das Trikot bereits besitzen, könnten passende Accessoires als Angebot erhalten. Zusätzlich könnten sogenannte Trigger in der Kampagne genutzt werden, die eine Kommunikation auslösen, sobald jemand das Trikot im Onlineshop in den Warenkorb legt, den Kauf aber nicht abschließt. Je nach bisherigem Verhaltensmuster des Fans, reicht eine Erinnerung an den abgebrochenen Warenkorb, oder Sie nutzen einen Rabattgutschein, kostenlosen Versand oder eine kostenfreie Beflockung des Trikots als Anreiz.
Vorteile von digitaler Fanbindung nutzen
Sich auch um die Fans außerhalb eines Spieltages zu bemühen, bietet einem Fußballclub unzählige Möglichkeiten Fans langfristig an den Verein zu binden, um so auch gleichzeitig den sportlichen Erfolg zu unterstützen. Einige der Vorteile, die die digitale Fanbindung bietet, sind:
- Höhere Fanorientierung: Wenn Fußballclubs ihre Fans kennen, Verhaltensmuster verstehen und die Interessen berücksichtigen, ist die Wahrscheinlichkeit einer Conversion deutlich höher. Ganz nebenbei verbessert sich die Fan Experience und eine langfristige Bindungsstrategie entsteht.
- Abwanderungen verhindern: Wenn Fußballclubs sich der entscheidenden Rolle der Fans bewusst sind und diese an den Verein binden möchten, können sie ihre Daten nutzen, um abwanderungsgefährdete Fans rechtzeitig zu identifizieren und entsprechend gegenzusteuern.
- Zusätzliche Umsätze durch personalisiertes Marketing: Wie bereits erwähnt, steigert Personalisierung die Conversion-Wahrscheinlichkeit. Je relevanter und passgenauer die Inhalte einer Kommunikation, desto wahrscheinlicher wird ein Fan mit Ihnen interagieren.
Verbesserte Fanbindung in der Praxis - Das Beispiel Everton FC
So viel zur Theorie, aber auch in der Praxis zeigt sich, dass Datenanalyse und Personalisierung einen Unterschied machen kann. Der englische Club Everton FC stand vor der Herausforderung das Stadion zu füllen. Dazu wurden die unterschiedlichen Gruppen von Stadiongängern analysiert und Abwanderungsrisiken von Dauerkartenbesitzern untersucht. Faktoren, wie Nähe zum Stadion, Laufzeit der Dauerkarte, Ticketklasse, Sitzposition im Stadion und Kaufdatum, wurden in die Analyse mit einbezogen, um die Fanloyalität in den vergangenen Saisons zu überprüfen.
Das Resultat war eine datenbasierte Segmentierung der Fans in Einstellungsgruppen und damit verbunden die Personalisierung der Marketing Maßnahmen. Dies führte zu höheren Öffnungs- und Konsversionsraten der Kommunikationen. Durch neue, günstigere Preismodelle (auch ein Ergebnis der Analyse) konnten jüngere Fans an den Verein gebunden werden. Außerdem führte die Analyse der Abwanderungsrisiken dazu, dass 85 % der Fans mit erhöhtem Risiko ihre Dauerkarte dennoch erneuerten.
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