Targeting und Personalisierung in der Versicherungsbranche
09 Okt. 2020 | von Anne-Kathrin Stolz
Darum lohnt sich das aktive, digitale Kundenmanagement
Aus einer aktuellen Bitkom-Studie geht hervor, dass sich die Versicherungsbranche in den nächsten zehn Jahren aus Bürgersicht grundlegend ändern wird. Dabei spielt die Digitalisierung eine große Rolle, denn immer mehr Versicherungsnehmer schließen Versicherungen auch online ab, ganz ohne eine persönliche Beratung. Wie also können Sie als Versicherungsunternehmen von der Digitalisierung profitieren und durch gezieltes Targeting bei Ihren Kunden glänzen?
Aktives Kundenmanagement bedeutet in diesem Zusammenhang nicht den reinen Fokus auf die Umsatzzahlen zu legen, sondern viel mehr den Kunden tatsächlich ins Zentrum des Handelns zu rücken. Dazu müssen Trennungen zwischen einzelnen Abteilungen, die nach unserer Erfahrung häufig noch vorliegen, überwunden werden, um eine ganzheitliche Sicht auf die Kunden zu erhalten. Erst dann ist es Ihnen als Versicherer möglich, Ihre Daten zusammenzubringen, Ihre Versicherungsnehmer zu verstehen und gezielte, personalisierte Marketing Kampagnen auszusteuern.
Im Folgenden werden wir anhand von zwei Beispielen für Versicherer aufzeigen, wie Sie mithilfe von Daten und gezieltem Targeting ein Höchstmaß an Personalisierung erreichen und so den Kunden an Ihr Unternehmen binden können: Schließlich ist auch der Versicherungsmarkt hart umkämpft und immer mehr reine Online-Versicherer mischen im Kampf um den Kunden mit, während Vergleichsportale ihr Übriges tun.
Beispiel 1: Targeting und Cross-Sell für Bestandskunden
Gerade in der Versicherungsbranche ist das Cross-Sell Potenzial an Bestandskunden nicht zu unterschätzen. Selten haben Versicherungsnehmer nur eine Versicherung: Je nach Lebenslage sind unterschiedliche Versicherungen relevant, nur sind diese eben häufig über verschiedene Anbieter verteilt. Es lohnt sich also einen genaueren Blick auf Ihre bestehenden Kunden zu werfen und diese von Ihren weiteren Produkten zu überzeugen. Immerhin fangen Sie hier nicht bei Null an und der Kunde hat bereits das Vertrauen in Ihr Unternehmen gezeigt.
Vielleicht stellen Sie sich zu Beginn erst einmal die Frage: Welche meiner Versicherungsprodukte verursachen den größten Anteil meines Umsatzes? Das können Sie aus dem FF beantworten? Prima, doch wenn nicht ist die Pareto-Analyse ein adequates Mittel, um Antworten darauf zu finden.
In unserem Beispiel fokussieren wir uns auf die Top-3 Produkte, die rund 80% des Umsatzes ausmachen. Nun schauen wir uns die Kunden hinter den Versicherungsprodukten einmal genauer an. Dabei identifizieren wir insgesamt sieben Zielgruppen, die entweder eine dieser drei Versicherungen haben, zwei oder sogar alle drei. Insbesondere diejenigen Kunden, die bisher nur eine Versicherung bei uns haben, bergen großes Cross-Sell-Potenzial. Hier lohnt es sich eventuell mit einem Kombi-Angebot ins Rennen zu gehen und den Kunden so zu überzeugen.
Es geht aber nicht immer nur direktes Cross-Sell beim Bestandskunden, anhand der Glasbruchversicherung (Platz 5 der meistverkauften Versicherungen in unserem Beispiel) in Kombination mit der Mobilgeräteversicherung (unser Platz 4) lässt sich ein gutes Beispiel zur Steigerung der Kundenzufriedenheit ableiten. Häufig beinhaltet die Glasbruchversicherung, Teile der Mobilgeräteversicherung, wie zum Beispiel den Bruch des Displays. Hier lohnt es sich, den Kunden über diese Überschneidung zu informieren, um nicht zu riskieren, den Kunden zu verärgern und dann in Gänze zu verlieren, wenn er dies selbst in Erfahrung bringt oder ein Alternativangebot eines anderen Anbieters erhält.
Beispiel 2: Predictive Analytics und Event-Trigger
Laut Scott Brinker, MarTech Experte und Autor des Chief Marketing Technologist Blogs, sind event-getriggerte E-Mails bis zu 497% effektiver als Batch E-Mails. Ereignisse, wie beispielsweise der Geburtstag eines Kunden, das Datum der Vertragsverlängerung oder vielleicht auch die Kündigung eines Vertrages, sind relativ einfache Trigger, über die Sie Ihre Kundenkommunikation steuern könnten. Deutlich anspruchsvoller wird es dann, wenn Sie versuchen, Trigger vorherzusehen, bevor das Ereignis tatsächlich eintritt. Dies trifft, gerade in der Versicherungsbranche, bei Änderungen der Lebensumstände eines Kunden zu – sprich zum Beispiel Umzug, Hauskauf, Heirat oder Nachwuchs. Wie aber können Sie diese Änderungen vorhersehen?
Predictive Analytics setzt immer voraus, dass Sie Zugriff auf alle relevanten Daten haben, um möglichst exakte Analyseergebnisse zu gewährleisten. Wenn wir uns nun das Beispiel Hauskauf einmal vornehmen, lohnt es sich, Kunden, die in der Vergangenheit eine Immobilie erworben haben einmal genauer zu analysieren. Denn: Wir wollen Signale frühzeitig erkennen, die auf einen bevorstehenden Hauskauf hinweisen.
Dazu erstellen wir im ersten Schritt ein sogenanntes „Profil“, aus welchem wir typische Charakteristiken dieser Analysegruppe im Vergleich von beispielsweise allen Versicherungsnehmern erkennen können.
Folgende Eigenschaften können Sie dabei genauer untersuchen:
• Basisdaten Ihrer Versicherungsnehmer, wie Wohnort oder Alter
• Verhaltensdaten, wie Anruf der Service-Hotline oder Anfragen (wie beispielsweise Erhöhung der Versicherungssumme der Hausratversicherung)
• Daten über Engagement, wie Newsletter-Klicks oder mobile Interaktion
• Soziodemografische Daten (häufig Third Party Daten), wie Einkommen oder Interessen
• Produktdaten, wie beispielsweise Abschluss einer bestimmten Versicherung (wie beipielsweise einer Bauherrenversicherung oder Gebäudeversicherung)
Mit dem Wissen über die typischen Eigenschaften der Hauskäufer, wenden Sie Ihr erstelltes Profil auf Ihre gesamte Kundenbasis an und identifizieren sogenannte „Lookalikes“. Jedem Kunden wird dabei ein Score zugeordnet: Umso höher der Score, desto ähnlicher ist die Person einem Versicherungsnehmer, der in der Vergangenheit bereits eine Immobilie erworben hat. Nun müssen Sie nur noch Ihre soeben erstellte Zielgruppe mit den richtigen Versicherungsangeboten für baldige Eigenheimbesitzer versorgen.
Sie interessieren sich für weitere Use Cases aus der Finanz- und Versicherungsbranche? Auf der diesjährigen DMEXCO @home haben wir u.a. einen Vortrag für Finanzdienstleister und Versicherungen gehalten. Hier geht es zur Aufzeichnung.
Weitere Quellen:
Bürger erwarten Digitalisierung der Versicherungsbranche, bitkom 2020
Trigger-based marketing = event-driven programming with “no code” martech in every stack, Chief Marketing Technologist Blog by Scott Brinker